Der abenteuerliche Weg der Vogelherd-Figurinen – von ihrer Auffindung bis heute

Die Vogelherd-Figuren wurden unter Leitung des Urgeschichtlers Gustav Riek 1931 in der Vogelherd-Höhle bei Niederstotzingen ausgegraben. Riek hatte offensichtlich eine starke Bindung zu den Figurinen. Sie zählen zu den ältesten figürlichen Kunstwerken der Welt.
Sibylle Wolf1,2, Benjamin Schürch2, Jens A. Frick2, und Michael Seifert3

1 Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment
University of Tübingen
Schloss Hohentübingen
72070 Tübingen, Germany
sibylle.wolf@senckenberg.de

2 Abteilung Ältere Urgeschichte und Quartärökologie
Universität Tübingen
Burgsteige 11
72070 Tübingen

3 Buchenstraße 7
72131 Ofterdingen

Zusammenfassung

Die Vogelherd-Figuren wurden unter Leitung des Urgeschichtlers Gustav Riek 1931 in der Vogelherd-Höhle bei Niederstotzingen ausgegraben. Riek hatte offensichtlich eine starke Bindung zu den Figurinen. Sie zählen zu den ältesten figürlichen Kunstwerken der Welt. Ihre Auffindung wird hier diskutiert. Die Aufbewahrung der Figuren seit 1931 bis heute hat eine wechselvolle Geschichte, die hier erstmalig mittels Einsichtnahme in die Akten des Archivs der Universität Tübingen nachvollzogen wurde. Heute sind die Figuren im Museum für Alte Kulturen im Schloss Hohentübingen ausgestellt.

Einleitung

Die in der Zählung Rieks1 elf eiszeitlichen Statuetten aus der Vogelherd-Höhle bei Niederstotzingen im Lonetal faszinieren die Betrachter*innen seit ihrer Auffindung im Jahr 1931. Die Artefakte werden aufgrund ihrer perfekten Ausgestaltung und ihrer Ästhetik als Kunstwerke bezeichnet (Riek 1934a; Hahn 1986; Müller-Beck et al. 2001; Floss und Rouquerol 2007). Sie wurden bis auf ein Stück aus Mammutelfenbein geschnitzt, individuell markiert, mit Mustern versehen (Dutkiewicz 2021) und sind rund 40.000 Jahre alt (Abb. 1, Abb. 2).

Die komplexe Historie der Vogelherd-Figurinen seit ihrer Entdeckung bis zum Verbleib im Museum Alte Kulturen Schloss Hohentübingen wurde noch nicht nachgezeichnet. Es ist unser Anliegen, dies mittels der uns zur Verfügung stehenden Quellen zu tun, um die Geschichte dieser frühen Meisterwerke der Schnitzkunst sowie der mit ihnen verbundenen Personen nachzuvollziehen und hiermit einer breiten Leserschaft zugänglich zu machen. Diese oft als Ikonen der Eiszeitkunst bezeichneten Stücke sind eng mit ihrem Ausgräber Gustav Riek verbunden (Abb. 3).

Figuren 1-6
Abb. 1: Vogelherd. 1931 gefundene Figuren. 1) Pferd, 2) Mammut, 3) Rentier oder Löwe, 4) Höhlenlöwe, 5) Mammutrelief, 6) Höhlenlöwe oder Höhlenbär (zusammengesetzt 2013) (Fotos: H. Jensen, J. Lipták, Universität Tübingen).
Figuren 6-10
Abb. 2: Vogelherd. 1931 gefundene Figuren. 1) Bison, 2) Mammut-Hinterteil, 3) Anthropomorphe Figur, 4) Höhlenlöwe (zusammengesetzt 2014) (Fotos: H. Jensen, J. Lipták, Universität Tübingen).

Werdegang Gustav Rieks

Gustav Riek ist eine Persönlichkeit, die kontrovers betrachtet wird und werden muss. Einerseits wird er durch seine Aktivität in der NSDAP und dem SS-Ahnenerbe sowie während des 2. Weltkrieges als ehemaliger Nazi beurteilt (Details s. Anhang 1 [online]) oder als „aufrechte Persönlichkeit“ (Prof. Dr. E. Kamke, der selbst in der NS-Zeit als Professor der Universität Tübingen entlassen wurde, UAT 131/386) beschrieben. Wir verfolgen nicht den Zweck der Aufarbeitung der Lebensgeschichte Rieks und des Verfassens seiner Biographie, sondern ziehen aus allen uns vorliegenden Dokumenten Rückschlüsse auf seine Rolle in Bezug auf die Figurinen aus dem Vogelherd. Die Dokumentationen, die wir für wichtig im Zusammenhang mit der urgeschichtlichen Forschung und für das Nachvollziehen des Verbleibs der Vogelherd-Figurinen erachten, werden hier angeführt.

Rieks akademischen Lebenslauf und die wichtigsten Eckdaten seines Lebens haben wir hier zusammengefasst (Tabelle 1; Anhang 1 [online]). Dafür wurden folgende Dokumente im Archiv der Eberhard Karls Universität Tübingen (kurz UAT) eingesehen:

Johannes Gustav Riek 1954
Abb. 3: Johannes Gustav Riek (1900-1976) im Jahre 1954. Foto © Universitätsarchiv Tübingen (UAT). Bildnachweis/Quelle: Universitätsarchiv Tübingen (UAT).
  • UAT 193/2360: Personalakte der Zentralen Verwaltung
  • UAT 131/386: Personalakte der Fakultät
  • UAT 205/94: Lehrstuhlakte der Zentralen Verwaltung
  • UAT 205/126: Lehrstuhlakte der Zentralen Verwaltung
  • UAT 183/143,1-3: Aufzeichnungen von Franz Fischer über Gustav Riek; Korrespondenz Rieks mit Prof. Hennig/Tübingen (1931); Kopien von Gustav Riek betreffenden Archivalien im Bundesarchiv; Franz Fischer / Wolfgang Kimmig (Hrsg.): Gustav Riek. Eine Dokumentation (1986, masch.)
Tabelle 1: Akademischer Lebenslauf Johannes Gustav Rieks.
Tabelle 1: Akademischer Lebenslauf Johannes Gustav Rieks.

Brief zur Benachrichtigung der Hochzeit Gustav Rieks an das Rektorat der Universität Tübingen
Abb. 4: UAT_193_2360: Brief zur Benachrichtigung der Hochzeit Gustav Rieks an das Rektorat der Universität Tübingen, 1934. Foto © Universitätsarchiv Tübingen (UAT). Bildnachweis/Quelle: Universitätsarchiv Tübingen (UAT).
(Johannes) Gustav Riek wurde am 23.05.1900 in Stuttgart geboren. Er war seit dem 20.03.1934 mit Eleonore Cailloud (geb. am 28.07.1905) verheiratet. Auf seinem Briefkopf der Benachrichtigung seiner Hochzeit an das Sekretariat der Universität Tübingen (eingegangen am 05.05.1934, UAT193/2360) ist die Zeichnung der größeren der beiden Höhlenlöwenfiguren aus dem Vogelherd abgebildet (Abb. 4). Dies zeigt eindrücklich Rieks enge Verbundenheit mit den Figuren. Aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor. Roland Riek wurde am 11.05.1936 geboren und Ludolf Riek am 02.03.1940 (UAT 193/2360). Gustav Riek starb am 01.11.1976 in Stuttgart.

Die Ausgrabungen in der Vogelherd-Höhle und die Auffindung der Figuren

1931 wurde Gustav Riek vom kommissarischen Institutsleiter des urgeschichtlichen Instituts, Edwin Hennig, angefragt, die archäologische Grabung in der Vogelherd-Höhle bei Niederstotzingen durchzuführen (s. unten). Riek hatte in Geologie promoviert. Aufgrund seiner Erfahrungen im Vogelherd wendete sich Riek der urgeschichtlichen Forschung zu. Zur Entdeckung der Fundstelle liegen zwei Quellen vor. Riek (1934a) beschreibt, dass der Vogelherd am 23. Mai 1931 durch den Reichsbahn-Obersekretär Hermann Mohn entdeckt wurde. Die Höhle hätte sich unter einem dichten Haselnussbusch befunden und es sei ein Dachsbau in der Höhle gewesen. Der Dachs hatte eine 30-40 cm große Öffnung gegraben. Der Haselnussbusch ist auch auf den Grabungsfotos sichtbar (Riek 1934a, Tafel I, 3). In dieser Öffnung befanden sich Silexsplitter (Riek 1934a). Hermann Mohn deutete diese Splitter als archäologische Überreste, denn er hatte bereits zuvor Erfahrungen mit Steinartefakten aus der Heidenschmiede gemacht (Bittel 1930; Peters 1931; Gress 1950; Riek 1960).

Vogelherd, Ausgrabungen 1931 und 2008
Abb. 5: Vogelherd. Ausgrabungen; links im Jahr 1931, rechts im Jahr 2008 (Fotos: Universität Tübingen).

Diese Darstellung der Entdeckung widerspricht in Details jedoch der Version der Naturfreunde aus Heidenheim: „Im Jahre 1931 gingen mehrere Genossen zur Sonnenwende auf den Vogelherd im Lonetal. Ein Fuchsbau wurde nebenbei Objekt zu einer kleinen Höhlenforschung. Ein Genosse kroch auf dem Bauche in die kleine Öffnung, und als er wieder vor dem Eingang stand, bemerkte er in die Nägel seiner Bergschuhe eingeklemmt einen kleinen Gesteinssplitter. Wir erkannten sofort in ihm ein Steinwerkzeug. Dies war der Anlaß zur Grabung am Vogelherd, die vom Urgeschichtlichen Institut in Tübingen durchgeführt und von Dr. Riek geleitet wurde.“ (Müller 1950). Aus den Chroniken des Vereins sind weitere Details zur Entdeckung bekannt: „Beide Fundstätten aber wurden entdeckt von unseren Naturkundlern, voran unser Freund Hermann Mohn.“ (Naturfreunde-Heidenheim 1911-1933, 38). „Berichtigung: Die Vogelherd-Höhle wurde in Wirklichkeit von Alfred Nusser entdeckt und zwar durch Zufall. Hermann Mohn war dabei.“ (Naturfreunde-Heidenheim 1950, 545).

90 Jahre nach der Entdeckung des Vogelherds lässt sich nur noch schwer nachzuvollziehen, ob Hermann Mohn weiterhin als Entdecker der Vogelherd-Höhle gelten kann oder nicht. Jedenfalls ist festzuhalten, dass Mohn mit Riek den Kontakt gesucht hatte und so die Ausgrabung der Vogelherd-Höhle initiiert wurde. Gustav Riek leitete dort die Grabungen mit vier Grabungsarbeitern vom 05. Juli bis 01. Oktober 1931 (Burkert 1991, 37) (Abb. 5) und grub eine Schichtabfolge vom Mittelpaläolithikum bis ins Neolithikum aus. Er veröffentlichte 1934a neun Profilbeschreibungen. Die Mächtigkeit der Sedimente ist zwischen 3 m und 4 m stark. Das Idealprofil (Riek 1934a, 50, Profil 1) zeigt die Schichten I bis VIII (Abb. 6).

Riek beschreibt die Schichtenfolge folgendermaßen: der archäologische Horizont (kurz AH) I wird dem Neolithikum zugeordnet. Die AHs II und III sind magdalénienzeitlich. Darauf folgt der erste der drei Aurignacien-Horizonte. Dies ist nach Riek das sogenannte „obere Aurignacien“, der AH IV, das „mittlere Aurignacien“, der AH V, und das „untere Aurignacien“, AH VI (Riek 1934a, 40-50). Letzterer wird heute dem Mittelpaläolithikum zugeordnet (Conard et al. 2003). Die Schicht VII beinhaltet ein Moustérien nach Riek (heute als Mittelpaläolithikum angesprochen). Schicht VIII, das „Jung-Acheuléen“ nach Riek, schließt sich an, welches heute ebenfalls als mittelpaläolithische Ablagerung angesprochen wird. Riek grub bis zur Höhlensohle, also dem anstehenden Felsen. Die letzte Schicht IX umfasst die sogenannte „Kultur der Höhlensohle“. Riek beschreibt detailliert alle geologischen Schichten und die Zusammensetzungen der verschiedenen Sedimente (Riek 1934a, 16-39). Die aurignacienzeitlichen Schichten IV und V sind die mächtigsten und fundreichsten Schichten in der Höhle. Aus ihnen stammt der Großteil der Funde mit über 90% aller Artefakte und Faunenreste (Niven 2006, 278).

Vogelherd. Stratigraphie und Grundplan der Höhle nach Riek 1934a
Abb. 6: Vogelherd. Stratigraphie und Grundplan der Höhle nach Riek 1934a. Links oben: Schichtabfolge im Südwest-Eingang. Rechts oben: Profil 1 mit den eingefärbten aurignacienzeitlichen Schichten IV und V. Links unten: Ausdehnung der Schicht IV in der Höhle. Rechts unten: Ausdehnung der Schicht V in der Höhle (Alle Abbildungen verändert durch B. Schürch).

In den letzten Jahrzehnten wurden verschiedene Datierungen an Knochen und Knochenkohle aus dem Vogelherd durchgeführt (z.B. Conard und Bolus 2008). Die relevanten Daten für Schicht IV streuen zwischen 30.700 und 34.100 uncal BP. Die Daten für AH V liegen zwischen 30.200 und 35.800 uncal BP (Conard und Bolus 2008).

Die mächtigsten und fundreichsten Schichten waren, wie erwähnt, die aurignacienzeitlichen Schichten AH IV und AH V, die Riek als „oberes Aurignacien“ und „mittleres Aurignacien“ beschreibt (Riek 1934a). In diesen beiden Schichten fand er insgesamt zehn2 kleine Plastiken, die bis auf eine anthropomorphe Figur Tiere der letzten Eiszeit darstellen. Neun Figuren wurden aus Mammutelfenbein geschnitzt und eine aus Geweih (Dutkiewicz et al. 2018). In Schicht V („mittleres Aurignacien“) wurden sechs Figuren ausgegraben. Es handelt sich laut Riek um Darstellungen eines Wildpferds, eines Mammuts mit Durchlochungen zwischen Vorder- und Hinterläufen, das Fragment einer Mammutdarstellung sowie eines Hinterbeins einer vermuteten Mammutdarstellung (beide gehörten vermutlich zu ein und demselben Objekt und werden hier als eine Figur gezählt), eines Rentiers (ein Tierkörper mit Wellen-Verzierung), eines Höhlenlöwen und eines Höhlenbären (Tabelle 2).

In Schicht IV („oberes Aurignacien“) wurden die Darstellungen eines Höhlenlöwen, eines Bisons, einer menschlichen Figur sowie eines Mammutreliefs (auf Geweih) entdeckt (Riek 1934a, 281ff; Dutkiewicz et al. 2018). Keine der Figuren ist vollständig erhalten. Das Rentier lag nach Riek in mehreren Fragmenten vor. Dazu schreibt er: „Ferner wurden die drei Trümmer, aus denen der Torso zusammengesetzt werden konnte, teils im mittleren, teils im oberen Aurignac-Horizont gefunden.“ (Riek 1934a, 285). Dies unterstreicht, dass die exakten Lagerungsumstände der Figuren unklar sind.

Durch Rieks grobe Ausgrabungstätigkeit im Vogelherd ist für keine der Figuren eine exakte räumliche Verortung möglich. Für das „Rentier“ (Tierfigur ohne Kopf mit auffälligen Mustern aus Schicht AH V: Riek 1934a, Tafel IIa Mitte; Dutkiewicz 2021) beschreibt er die Lage der Figur nahe der Einmündung des Ostganges in die Haupthalle (Riek 1934a, 285-286, 1935, 92). Zum Steppenbison aus Schicht IV beschreibt er auch die Mündung des Ostganges (Riek 1934a, 288289, 1935, 95). Die Bison-Darstellung musste seiner Angabe nach in langwieriger Arbeit aus einem Versinterungskegel herausgelöst werden (Riek 1934a, 288-289, 1935, 92). Neben der simplen Beschreibung der Objekte macht Riek nur wenige Angaben zu den Figuren. Hervorzuheben ist seine Beschreibung zum Mammut (Riek 1934a, 288, Taf. III unten): „In feinen, natürlichen Grübchen der Unterseite und in der Nähe der randlich gelegenen, ausgebrochenen Durchlochung ist leuchtend rotgelber Eisenocker abgelagert, der auch in den vier Rillen zu sehen ist, die unterhalb der Durchlochung liegen.“ (Riek 1934a, 288).

Angaben zu den 1931 ausgegrabenen Vogelherd-Figuren
Tabelle 2: Angaben zu den 1931 ausgegrabenen Vogelherd-Figuren. MUT = Museum der Universität Tübingen.

Zu dem Fundort der Figuren gibt es weitere Hinweise von Eberhard Wagner, der Rieks mündliche Mitteilung weitergibt. So beschreibt Riek laut Wagners Angaben, dass die Figuren am Eingang des Ostganges bzw. an der rechten Höhlenwand gefunden wurden (Wagner 1981, 42). Aufgrund der Sinterreste aus der Beschreibung Rieks rekonstruiert Wagner, dass die Figuren an der rechten Höhlenwand des Südeinganges gelegen haben müssten, da hier heute noch Sinterreste vorhanden sind (Wagner 1981; Dutkiewicz 2015). Joachim Hahn rekonstruiert die Lage der Figuren mit Hilfe der mündlichen Mitteilung von Wolfgang Taute auf der gegenüberliegenden Seite (Hahn 1986, 20; Dutkiewicz et al. 2018). Die Angaben von Erwin Pregel, der mit Anton Bamberger, einem Grabungsarbeiter, gut bekannt war, bestätigen diese Aussage (Dutkiewicz 2015; Dutkiewicz et al. 2018). Hahn vermutet außerdem, dass die Elfenbeinfiguren deponiert worden sein könnten (Hahn 1986, 22). Die Informationen von Hahn und Dutkiewicz stimmen mit den Angaben von Riek überein. Deshalb ist eine grobe Verortung der Figuren an der Einmündung des Ostganges am sinnvollsten (Abb. 7).

Weiter ist zu bemerken, dass an der Einmündung des Ostganges Schicht VI beschrieben wird. Stimmen die Angaben Rieks, müsste diese Schicht direkt unter den Figuren gelegen haben und könnten Teil einer Eintiefung bzw. der von Hahn vermuteten Deponierung sein. Nehmen wir diese Fundlage an, so lagen die Figuren direkt bei dem Profil VII (Riek 1934a, 46). In diesem Profil wird ebenfalls das „untere Aurignacien“, Schicht VI, erwähnt. Aus Schicht VI stammt eine Geschossspitze aus Geweih, die auf ein 14C-Alter von 31.310 +/- 240/-230 uncal BP datiert wurde (Labornummer KIA 19541; Bolus und Conard 2006; Conard and Bolus 2008). Dies entspricht 36.193 Jahre cal BP (kalibriert mit OxCal, 01.10.2021) und wäre das maximale Alter der Figuren. Allerdings sind die stratigraphischen Angaben von Riek unvollständig. Beispielsweise konnte er zwischen Profil 7 und 9 die Schichten IV und V nicht mehr auseinanderhalten. Dies kann anhand der Artefaktbeschriftung rekonstruiert werden. Die Beschriftungen und die Datierungen werden derzeit in einer laufenden Dissertation von einem der Autoren überprüft (Schürch in Vorb.). Darüber hinaus wurde die Forschungsgeschichte der archäologischen Funde aus Rieks Grabungen generell jüngst aufgearbeitet (Frick et al. 2017; Frick 2020).

Vogelherd. Verteilungsplan der figürlichen Fragmente im Abraum aus den Grabungen 2005-2012.
Abb. 7: Vogelherd. Verteilungsplan der figürlichen Fragmente im Abraum aus den Grabungen 2005-2012. Die gelbe Fläche markiert die vermutete Lage der Vogelherd-Figuren bei ihrer Auffindung 1931 (Verändert nach Conard et al. 2016 durch B. Schürch).

Die Grabungsarbeiter haben das ausgehobene Sediment vor den beiden Haupteingängen der Höhle abgelagert. Zwischen 2005 und 2012 fanden unter der Leitung von Nicholas Conard (Universität Tübingen) Nachgrabungen in dem Abraum statt (s. Abb. 5). Das Ziel war, alle Funde zu bergen, die Riek und seine Arbeiter 1931 offensichtlich übersehen oder nicht mitgenommen hatten. Diese Ausgrabungen waren erfolgreich und Tausende Artefakte konnten geborgen werden (z.B. Conard et al. 2007, 2013, 2016). 2006 wurde eine vollständige Mammutdarstellung aus Mammutelfenbein entdeckt, die in ihrer Perfektion nicht zu übertreffen ist (Conard et al. 2007; Conard und Seidl 2008). Ebenfalls in dieser Grabungskampagne wurde eine fragmentarisch vorliegende Löwenfigur ausgegraben, die mit einer Reihe feiner Kreuze auf der Rückenlinie versehen ist. In den folgenden Jahren fanden sich eine Igeldarstellung, die Darstellung eines Fisches, eines Boviden und Fragmente weiterer Tiere. Mittlerweile liegen mehr als 60 Teile figürlicher Kunstwerke vor (Dutkiewicz 2021) (s. Abb. 7). Alle ‚neuen‘ Figuren wurden aus Mammutelfenbein geschnitzt. Besonders hervorzuheben sind die Zusammensetzungen zwischen den unvollständigen Figurinen aus dem Jahr 1931 und Fragmenten aus den Nachgrabungen. 2012 konnte ein Teil des Kopfes an das als „Bär/Löwe“ bezeichnete Tier angesetzt werden (Conard et al. 2013). Im darauffolgenden Jahr wurde ein Schnauzenfragment an den großen Löwen angesetzt, der vormals als Halbrelief angesehen wurde (Conard und Zeidi 2014) (Abb. 8; Inventarnummern und Maße s. Tabelle 2). Dies ist nicht nur aus kunsthistorischer Sicht ein Gewinn, sondern vor allem aus wissenschaftlicher Sicht der direkte Beleg für das aurignacienzeitliche Alter der entsprechenden Funde aus den Nachgrabungen. Es gelangen weitere Zusammensetzungen von Elfenbeinartefakten aus der Altgrabung und den Neugrabungen (Wolf 2015). Weiterhin wurden zahlreiche Artefakte wie Geweihspitzen mit gespaltener Basis geborgen, die typisch für das Aurignacien sind (Kitagawa und Conard 2020). Auch diese Funde belegen, dass zahlreiche Artefakte aus den unstratifizierten Schichten des Aushubs der Riek-Grabung aus dem Aurignacien stammen.

Höhlenlöwe
Abb. 8: Vogelherd. Höhlenlöwe, gefunden 1931 (Inv.nr. 31/1-C). Zusammenpassung mit einem Kopffragment aus den Nachgrabungen im Jahr 2014 (Foto: H. Jensen, Universität Tübingen).

Umgang mit den Vogelherd-Figuren nach 1931

Im Folgenden wird der Umgang mit den Vogelherd-Figuren nach 1931 skizziert. Dafür wurden zusätzlich folgende Dokumente herangezogen:

  • UAT 596/4521, 4522, 4523 Institut für Urgeschichte
  • UAT 823/195 Präsentation der Vogelherd-Figuren in der Universitätsbibliothek
  • UAT 757/1095 Eigentums- und Besitzverhältnisse an Grabungsfunden
  • UAT 528/60 Protokolle der Dienstbesprechungen mit dem Präsidenten
  • Persönliche Gespräche von Michael Seifert mit Zeitzeugen 2021

Aufbewahrung der Figurinen nach ihrer Auffindung

Zunächst müssen die Figuren Gustav Riek zur wissenschaftlichen Auswertung zur Verfügung gestanden haben. Er publizierte die Ergebnisse der Ausgrabung im Vogelherd als Habilitationsschrift 1934. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Riek den Fund der Figuren schon 1932-1933 französischsprachig publizierte (Riek 1933) und diese somit in der damaligen Fachwelt der Urgeschichtsforschung größere Bekanntheit erlangten. Die Figurinen wurden dann bis 1951 im Tresor des Kassenamtes der Universität sicher gelagert. Nachdem Riek 1956 im urgeschichtlichen Institut wieder etabliert war, forderte er von Wolfgang Kimmig die Figuren zurück. Prof. Dr. Hansjürgen Müller-Beck führt aus „In den Akten des Instituts gebe es einen „Leihschein“ vom 11.12.1956: „Ich bestätige Herrn Prof. Dr. Kimmig, daß er heute die Metallkassette mit den Vogelherd-Originalplastiken an die Abteilung für Diluviale Urgeschichte übergeben hat. Die Plastiken sind vollzählig und in gutem Zustand.“ Unterschrieben ist mit Gustav Riek. Die Vogelherd-Figuren seien „zur Bearbeitung“ entliehen und dann in einem Banksafe untergebracht worden mit Zugang nur für Riek in Gegenwart eines Bankangestellten.“ Der Journalist Wulf Reimer führt in der Südwest Presse 1978 aus „1955 hat Prof Wolfgang Kimmig die Figuren in einer Stahlkassette aus dem Schreibtisch Prof. Kurt Bittels übernommen. Leihgabe vom Institut an Dr. Gustav Riek, der die Figuren in Münsingen in einem Banktresor verschließen ließ“.

Riek und die Vogelherd-Figuren

Die Vogelherd-Figuren wurden weltberühmt und mit dem Namen ihres Ausgräbers verknüpft. Die Ausgrabung der Figuren war auch ein Argument dafür, dass Gustav Riek seine Lehrbefugnis nach dem 2. Weltkrieg wiedererhielt. Am 23.05.1955 schreibt der Dekan Hückel der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen in seiner Begründung der Schaffung eines planmäßigen Extraordinariats für Urgeschichte (k.w.) für a.o. Professor z.Wv. Gustav Riek, das Folgende: „Herr Professor Riek, dem die Mathematisch-naturwissenschaftliche Fakultät bis auf weiteres Gastrecht gewährt, hat sich durch die Bergung des ältesten bekannten Kunstschatzes der Menschheit „Vogelherd im Lonetal“ um unsere Stadt und Hochschule außerordentlich verdient gemacht.“ (UAT 131/386). Das hohe Ansehen Rieks an der Universität Tübingen lässt sich auch auf die Ausgrabung der Figurinen zurückführen. Der Vorschlag Dekan Hückels wurde am 27.09.1955 exakt so vom nachfolgenden Dekan Müller übernommen und bei der Hochschulleitung die Venia Legendi für Riek beantragt (UAT 131/386).

In Tübingen und Umgebung waren die Funde im kollektiven Gedächtnis der Menschen gespeichert und als das Verdienst schlechthin von Riek bezeichnet. So finden wir in einem Zeitungsartikel des Schwäbischen Tagblatts am 23.05.1960 zu Ehren von Rieks 60. Geburtstag folgende Ausführung: „Mit geringen Mitteln führte er die Ausgrabung durch und fand in den bis über zwei Meter mächtigen Aufschüttungen der alten Wohnhöhle reiche urgeschichtliche Funde, nicht nur klar einreihbare Menschenreste (vom Aurignac-Menschen) und zahlreiche Werkzeuge und Waffen aus Feuerstein, sondern vor allem die wunderschönen, einzigartigen Tierplastiken aus Mammutelfenbein, die schönsten und ältesten bis heute gefundenen!“ (UAT 131/386).

Die Stuttgarter Zeitung Nr. 120 schrieb am 25.05.1965 anlässlich des 65. Geburtstages folgende Sätze: „Der Name Gustav Rieks steht heute in jedem Handbuch der Urgeschichte der Kulturen der Welt, denn die von ihm gefundenen Tierplastiken in der Vogelherd-Höhle aus den wohl 30 000 Jahre alten Schichten des Alt-Aurignacien haben seinen Namen unlösbar mit diesen zur Zeit ältesten Werken der bildenden Kunst verbunden.“ (UAT 183/143,3). Diese Artikel zeigen exemplarisch den hohen Bekanntheitsgrad und die Wertschätzung der Figuren in der Region.

Zur Popularität Rieks mag auch seine literarische Verarbeitung der spektakulären Funde in der 1934 erschienenen Erzählung „Die Mammutjäger vom Lonetal“ beigetragen haben (Riek 1934b). Auf 102 Seiten erzählt er dort die Lebensumstände einer Gruppe von modernen Menschen im Lonetal vor über 30.000 Jahren. Flinkfuß, „der schnellste Läufer und der beste Bogenschütze“ und späterer Häuptling der Gruppe, lebt zunächst als Einsiedler in einer großen Höhle und schnitzt Figuren aus Mammutelfenbein, eine Beschäftigung, „die er von seinem Vater geerbt hat“. Minutiös beschreibt Riek, wie Flinkfuß in tagelanger Arbeit ein Mammut schnitzt, das er Tage zuvor genau beobachtet hat. Die Bedeutung dieser Kunst sieht Riek (1934b) so: „Es sollte für die Zukunft sein Jagdamulett sein (…). Wer beim Anschleichen die Nachbildung eines Tieres bei sich trug und mehrmals mit den Fingern betastete, der hatte damit in Wirklichkeit schon die Macht über dieses Tier gewonnen.“ Im Nachwort gibt Riek wissenschaftliche Erläuterungen zur Geologie und Geographie und schließt: „Während der Ausgrabung saß ich oft in den Ruhepausen vor dem großen Eingang der Vogelherdhöhle und sann darüber nach, was unsere Urvorfahren im stillen Lonetal erlebt und erlitten haben mochten.“ Im ersten Drittel der Erzählung wird geschildert, wie die Mammutjäger sich den Lebensraum im Lonetal erst erkämpft und die dort lebenden Neandertalergruppen ausgerottet hatten – eine von der Ideologie der 1930er Jahre geprägte Vorstellung, wofür bis heute jegliche archäologischen Belege fehlen. Rieks Erzählung war ein großer Erfolg; allein bis 1954 gab es sieben Auflagen mit 45.000 Exemplaren. Und die Rezeption reicht bis heute, was Nachdrucke in den Jahren 2000, 2012 und 2014 belegen, in einer Zeit, in der die eiszeitliche „schwäbische“ Kunst durch die Medien der Welt geht.

Umgang mit den Vogelherd-Figurinen nach dem Tod Rieks 1976

Eine erste Beschäftigung mit den Figuren in den Akten der Universität relativ kurz nach dem Tode Rieks erfolgt in einem Brief von Institutsdirektor Prof. Dr. Hansjürgen Müller-Beck an Präsident Adolf Theis am 12.5.1977. Anlass ist der Vorschlag, die Vogelherd-Figuren (VF) als wichtigen Bestandteil des geplanten “Archäologisch-Ethnologischen Universitätsmuseums“ nach der Renovierung des Schlosses vorzusehen. Die VF dürften „ein bedeutsames Argument zur Einrichtung des Museums“ sein, so Müller-Beck. Es war auch geplant, die VF in einer Sonderausstellung zum 500jährigen Jubiläum der Universität im Herbst 1977 zu zeigen.

Laut Müller-Beck brachte Riek die VF in einem Banksafe unter, nachdem er sie von Kimmig „zur Bearbeitung“ entliehen hatte. Den Zugang zum Safe hatte, wie erwähnt, nur Riek in Gegenwart eines Bankangestellten. „Nach dem plötzlichen Tod von Herrn Riek ist eine neue Situation entstanden. Zugang zum Tresor hat jetzt der jüngere Sohn von Herrn Riek als Erbverwalter.“ Müller-Beck berichtet, dass Riek langfristig eine Unterbringung im Landesmuseum Württemberg in Stuttgart angestrebt habe, was er auch für richtig gehalten habe, solange es keine Ausstellungsmöglichkeit in der Universität gebe.

Die Auseinandersetzung mit den Erben

Am 14.6.1977 schreibt der Oberkonservator des Landesmuseums, Dr. P. F. Mauser, im Auftrag des erkrankten Direktors Junghans, dass die Vogelherd-Figuren zu Lebzeiten Rieks ins Museum gebracht, von ihm kurz danach aber wieder abgeholt worden seien. Das Museum betrachte die Eigentumsverhältnisse als ungeklärt und sei an einer Übernahme nur interessiert, wenn die Familie Riek tatsächlich Eigentümerin sei und „wenn sie ihm von der Familie Riek verkauft oder geschenkt werden.“ Interesse an einer Dauerleihgabe bestehe nicht. Im Auftrag des Unipräsidenten schreibt Müller-Beck an Ludolf Riek (28.6.1977; in den Akten erhalten ist nur der Entwurf mit handschriftlichen Ergänzungen von Präsident Theis), einen persönlichen Kontakt mit der Witwe Rieks gab es wohl vorher schon. Er weist darauf hin, dass die VF de iure Eigentum des Instituts seien und dass deshalb eine Unterbringung im Landesmuseums nicht in Frage komme. Eine Unterbringung in der Universität sei auch im Sinne von Gustav Riek gewesen.

Die Antwort von Ludolf Riek vom 28.7.1977 stellt gleich den Anspruch der Erben klar: „G. Riek war, in seiner Eigenschaft als Ausgräber, bis zu seinem Tod am 1.11.1976 Eigentümer der VF.“ Dies wird auf sehr sonderbare Weise weiter begründet: „Wiederholt hat G. Riek auch vor Zeugen davon gesprochen, das [sic!] er die Elfenbeinfigürchen nach Abschluss der Bearbeitung an unbekannter Stelle wieder eingraben werde bzw. nach seinem Tod mit sich verbrennen lasse. Eine Äußerung, die er mit Sicherheit nicht gemacht hätte, wenn er nicht Eigentümer wäre.“ Das Eigentum sei nach seinem Tode auf die Erben übergegangen. Es sei der ausdrückliche letzte Wunsch des Vaters gewesen, die Figuren in das Eigentum des Landesmuseums zu übertragen.

In der schnellen Antwort am 01.08.1977 stellt Müller-Beck fest, „dass zwischen Ihrem verstorbenen Vater und mir nie Diskrepanzen darüber bestanden, dass die Figuren letztendlich Eigentum der baden-württembergischen Öffentlichkeit sind. (…) Mir gegenüber hat Ihr verstorbener Herr Vater jedenfalls nie persönliche Eigentumsansprüche geltend gemacht.“ Er verweist auf Rieks Vogelherd-Publikation von 1934, in der dieser schreibt: „Nach Beauftragung durch den Direktor des Urgeschichtlichen Instituts der Universität Tübingen, Herrn Prof. Dr. E. Hennig, leitete ich die systematische Großgrabung in die Wege.“

Müller-Beck weist darauf hin, dass er sich als Nachfolger Rieks betrachte und mit ihm immer wieder über die VF und ihre zukünftige Unterbringung gesprochen habe. Auch die skurrilen Pläne Rieks bezüglich der Plastiken seien ihm vertraut: „Jeder, der Gustav Riek wirklich gekannt hat, weiss aber, was er davon zu halten hat. Ihr Herr Vater ist sogar einmal soweit gegangen, mir zu sagen, dass wir die Objekte gemeinsam vergraben sollten. Wodrauf ich ihm sagte, dass er mir das dann um Himmels willen nicht sagen dürfte, da ich sie als Direktor des Instituts natürlich sofort wieder ausgraben müsste.“

Am 02.09.1977 erscheint dann in der Stuttgarter Zeitung ein Artikel von Georg Kleemann anlässlich der Jubiläumsausstellung „Kunst und Altertum – aus den Sammlungen der Universität“. Dort wird als „Ersatz“ für die von der Familie Riek nicht zur Verfügung gestellten VF ein aus einer aktuellen Grabung im Geißenklösterle stammendes Mammut gezeigt. Der Artikel macht die Kontroverse um die Eigentumsverhältnisse öffentlich; mit dem Journalisten hatte Müller-Beck gesprochen. Sowohl Ludolf Riek als auch die Witwe Eleonore Riek beklagten sich in einem Schreiben darüber. Der kommissarische Institutsdirektor in der Zeit der Vogelherdgrabung, Edwin Hennig, wurde von der Zentralen Verwaltung der Universität um eine Stellungnahme gebeten. Er zitiert in einem Brief vom 17.09. aus einem Tagebucheintrag vom Juni 1931: Nachdem er von einem „Naturfreund (Mohn)“ über Funde in der Vogelherdhöhle informiert worden sei, kontaktierte er Riek, „einst geologischer Doktorand (jetzt) Assistent. Ich bat ihn den Fundort zu besichtigen „bat“ ist höfliche Form eines offiziellen Auftrags (sic!). Wenige Tage später wünschte Dr. Riek Mittel zu systematischer Ausgrabung. Es gelang mir trotz Wirtschaftskrise, sie zusammen zubringen, wobei Rieks Anspruchslosigkeit half. Ich verwaltete die Funde, sicherte sie im Schrank des Kassenamtes, tauschte auch Abgüsse mit anderen Instituten. Riek grub inzwischen weiter und hat mir gegenüber nie geringste Andeutung auf Eigen-Anspruch oder Einsprache-Recht erhoben.“

Auch Kurt Bittel, Institutsdirektor nach dem Krieg bis 1951, wurde um eine Stellungnahme gebeten. Er schreibt, dass er zu den Umständen rund um die Ausgrabung nichts sagen könne, die Figuren im Safe der Universitätsverwaltung regelmäßig auf ihren Erhaltungszustand kontrolliert habe. Er schließt: „Während der ganzen Zeit meiner Lehrtätigkeit in Tübingen ist von keiner Seite die Meinung laut geworden, die Vogelherdfiguren könnten privater Besitz sein. Wie alle, so habe auch ich sie als Bestandteile der Sammlungen auf dem Schloss und damit als Universitätseigentum angesehen.“

Auf der Basis dieser „eindeutigen Zeugenaussagen“ schreibt Klaus Patzel von der Rechtsabteilung der Universität (von 1993 bis 2000 Oberbürgermeister von Überlingen) am 26.09. einen ultimativen Brief an Ludolf Riek und setzt eine Frist von sieben Tagen für ein Gespräch über die Übergabe der VF. Er geht von einem „dienstrechtlichen Auftragsverhältnis“ aus, aus dem „folgt, daß Eigentümer der Figuren niemals Ihr Herr Vater, sondern nur und ausschließlich der Dienstherr bzw. die Universität werden konnte.“ Eine Antwort von den Rechtsanwälten der Familie Riek (Dr. Eberhard Henssler und Gerhard Seez, Stuttgart) geht am 28.10.1977 ein. Nach ihrer Auffassung war Riek als Hilfsassistent mit einem Monatssalär von 160 Reichsmark „an Weisungen der Universität nicht gebunden“. Weiter wird ausgeführt: „Im Gegensatz zu den angeblichen Tagebucheintragungen des Herrn Prof. Hennig wurde Herr Prof. Riek von Herrn Mohn davon unterrichtet, daß in der sogenannten Vogelherdhöhle mit Funden aus der älteren Steinzeit zu rechnen sei. Auch haben die Erben des Herrn Prof. Riek ermittelt, daß nicht die Universität sich um finanzielle Hilfe für die Ausgrabung bemühte, sondern Herr Prof. Riek sich persönlich der Grabungsunterstützung des Medizinalrates Dr. Walz in Heidenheim versicherte und die finanzielle Unterstützung der Firmen Voith und Oberdorfer in Heidenheim erbat und erhielt. Der damalige Universitätsbund (…) hat erst nach Bergung des Fundes eine Beihilfe von RM 100,00 geleistet.“ Daher habe der Entdecker nach damals geltendem Recht (§ 984 BGB) Anspruch auf die Hälfte des Fundes, die Gemeinde auf die andere Hälfte. Diese werde jedoch nach 46 Jahren keinen Anspruch mehr darauf erheben. Unter dem Terminus „Ersitzung“ führen die Rechtsanwälte aus, dass die Universität vor dem Tode Rieks „keinerlei Eigentumsansprüche erhoben“ habe. Zudem: „Den Erben sind Schüler und Doktoranden des Prof. Riek bekannt, denen er während seiner Lehrtätigkeit nach dem Kriege und auch nach seiner Emeritierung die Vogelherdfiguren zeigte und als sein Eigentum deklarierte, ohne daß diese öffentliche Kundgabe die Universität zu irgend welchen Maßnahmen veranlaßte.“ Schließlich spekulieren die Anwälte, dass hinter der Angelegenheit der Streit zwischen Landesmuseum und Universitätsinstitut stehe, „wer den Fund ausstellen soll.“

Nach diesem Schreiben der Rechtsanwälte gibt es in den Akten eine Lücke von über einem Jahr bis in den November 1978. Dazu gibt es später einen handschriftlichen Vermerk des damaligen Leiters der Registratur der Zentralen Verwaltung, wonach die Akte vom für die VF zuständigen Bearbeiter ausgeliehen und seither verschollen sei.

Am 10.06.1978 erscheint ein ausführlicher Artikel von Wulf Reimer im Schwäbischen Tagblatt, der zu dieser Zeit der für die Universität verantwortliche Redakteur der Lokalzeitung ist, später als Baden-Württemberg-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung nach Stuttgart wechselt. Dieser Artikel führte zur Bildung von später immer wieder zitierten Legenden und löste auch Kontroversen hinter den Kulissen aus. Da ist zunächst die hübsche Anekdote von 1945, für die es vermutlich 1978 schon keine Zeitzeugen mehr gegeben hat: „1945 beim Einmarsch der Franzosen hatte die Sekretärin des damaligen Universitätsrats die Raritäten schon einmal vor alliiertem Zugriff bewahrt. Gemeinsam mit der goldenen Rektorkette ließ sie die Kleinplastiken in ihrem Ausschnitt verschwinden – bis die unmittelbare Gefahr vorbei war.“ Wer ihm das erzählt hat, daran erinnert sich Wulf Reimer heute nicht mehr. Seine Informanten seien in erster Linie Müller-Beck, Wolfgang Kimmig sowie Gustav Adolf Rieth, pensionierter Landeskonservator, gewesen.

Wolfgang Kimmig hat ihm erzählt, dass er die VF in einer Stahlkassette im Schreibtisch übernommen habe, als er 1951 Institutsdirektor und Nachfolger von Kurt Bittel wurde. Dort lagerten sie, als Riek wieder nach Tübingen kam und es zu der bereits geschilderten „Ausleihe“ kam und die VF in einen Banksafe nach Münsingen verlagert wurden. Kimmig berichtete auch diese „abenteuerliche Geschichte“: Demnach habe sich Riek „mit einem Revolver bewaffnet“ nach Stuttgart aufgemacht, um die VF dem Landesmuseum anzubieten: „Doch man wurde sich nicht handelseinig.“ Dieses Ereignis wird in neutralerer Form auch in dem zitierten Brief von Mauser erwähnt. Auch von dem mystischen Verhältnis Rieks zu den VF berichtete Kimmig dem Journalisten und von dessen Plänen, sich mit den Figuren begraben zu lassen. „Von dieser Idee brachte ihn sein Freund Gieseler (Professor für Anthropologie und Humangenetik, ebenfalls auf Schloss Hohentübingen untergebracht, Anm. der Autoren) rasch ab: ‚Gustav, in einer halben Stunde bist du wieder ausgegraben‘“.

Die neu angelegte Akte im Universitätsarchiv für 1978 beginnt mit dem Übergabeprotokoll vom 29.11.1978 und einem vorbereitenden Schreiben des Persönlichen Referenten von Universitätspräsident Theis, Dr. Richard Dewes. Beide Stücke sind jedoch erst am 19.03.2003 in die Akte eingefügt worden, wie ein handschriftlicher Vermerk der Leiterin der Registratur belegt. Dieser wurde, wie sich aus einer ausgedruckten E-Mail des Leiters „Innerer Dienst“ ergibt, in einer offenbar als Handakte angelegten Mappe seines Vorvorgängers mit dem Titel „Kunstwerke der Universität“ gefunden. In dem Schreiben von Dewes an die Rechtsanwaltskanzlei vom 03.11.1978 wird auf eine Vereinbarung der Universität mit den Erben Riek Bezug genommen: „Entsprechend der mit Ihrem Mandanten getroffenen Vereinbarungen wurde der Betrag von 31.073,80 DM auf Ihr Bankkonto bei der Stuttgarter Bank überwiesen.“

Zur Übergabe der Vogelherdfiguren kam es am 29.11.1978, 12.30 Uhr bei Rechtsanwalt Gerhard Seez in Stuttgart. Im Protokoll werden zunächst die Anwesenden genannt:

„seitens der Erbengemeinschaft Riek: Herr und Frau Riek (vermutlich Ludolf Riek und seine Mutter Eleonore Riek; Anm. der Autoren) mit Rechtsanwalt Seez
seitens des Wissenschaftsministeriums Baden-Württemberg: Ministerialräte Dres. Gerber und Kern
seitens der Universität Tübingen: Präsident Theiss
(sic!), Prof. Dr. Müller-Beck, Dr. Dewes
Als Zeuge: Ursula Seez

Der weitere Text im Wortlaut:
„1. Es wird festgestellt, daß die Vogelherdfiguren aus dem Lonetal im Original vollständig und in einwandfreiem Zustand übergeben werden.“
Dann werden die 113 Objekte aufgeführt
„2. Es wird festgestellt, daß irgend welche Verwahrschäden nicht vorhanden sind.
Die Erbengemeinschaft Riek wird seitens der Universität Tübingen von irgend welchen Ansprüchen aus der Zeit der Verwahrung freigestellt.
Die Unterzeichnenden haben die Gelegenheit, sich anhand der Abbildungen mit den Publikationen „Die Eiszeitjägerstation am Vogelherd“ von Gustav Riek, zu überzeugen, daß die Figuren keine Veränderung aufweisen.“

Es folgen die Unterschriften aller Anwesenden.

Das Exemplar im Universitätsarchiv ist offenbar das Originalexemplar des Protokolls für die Universität. Interessanterweise ist handschriftlich in kleiner Schrift darauf vermerkt: „ca. 35 000 Jahre alt. Wert gesch. 2 – 10 Millionen“.

Der Zeitzeuge Richard Dewes, der die Universität 1979 wieder verließ und es in einer politischen Karriere in der SPD bis zum Innenminister von Thüringen unter Bernhard Vogel brachte, erinnert sich noch an den Polizeischutz, den die Tübinger Delegation damals bekam. „Unserem Dienstwagen folgte ein Polizeiauto mit zwei Beamten.“ Seiner Erinnerung nach kommen die VF zunächst in die Obhut von Müller-Beck ins Institut. Doch schon bald werden Pläne gefasst, die kostbaren Plastiken absolut sicher unterzubringen; das belegen Aktenvermerke des Inneren Dienstes. Mit der Kreissparkasse Tübingen wird eine Vereinbarung getroffen, sie in deren Haupttresor unterzubringen. Zugang soll nur Müller-Beck in Begleitung einer weiteren Person erhalten, so „dass nie ein einzelner Universitätsangehöriger Zugang zu den Figuren hat.“ Der geplante Übergabetermin am 01.02.1979 wird verschoben, da zunächst noch eine weitere „wissenschaftliche Auswertung“ und das Erstellen von hochwertigen Fotos erfolgen sollen. Ende Juli 1979 kommen die Figuren dann wohl in den Tresor.

Ein Artikel von Wulf Reimer vom 04.11.78, also gut drei Wochen vor der Übergabe erschienen, liefert interessante Zusatzinformationen. Wie in seinem Juni-Artikel schreibt Reimer, dass das Landesmuseum den Erben Ende 1977 drei Millionen DM angeboten habe. Dies wird auch in weiteren Artikeln bis 1984 immer wieder erwähnt. Darauf gibt es in den Akten der Universität jedoch keinen Hinweis, es steht auch im Widerspruch zu der offiziellen Haltung des Landesmuseums in den Schreiben an die Universität, wonach man im Museum die juristischen Eigentumsverhältnisse vor etwaigen Verhandlungen geklärt haben wolle. Andererseits gibt es auch keinen Hinweis auf etwaige Dementi des Landesmuseums gegenüber der Presse. Reimer hat für den Artikel auch mit Universitätspräsident Theis gesprochen und resümiert die Haltung der Universität: Um „eine am Ende womöglich drohende Rechtsniederlage gar nicht zu riskieren, wollte Universitätspräsident Adolf Theis unter allen Umständen einen Prozeß vermeiden. Er strebte deshalb einen Vergleich an, den er jetzt erreicht hat.“ Die bezahlte Summe ergibt sich nach Reimers Artikel aus 25.000 DM für die 20jährige Aufbewahrung in einen Banktresor und 6.000 DM als „Vergleichsgebühr“ für den Rechtsanwalt der Familie. Diese sollte auch zwei Abgüsse aller Figuren erhalten. Die ganze Angelegenheit resümiert der Universitätspräsident wie folgt: „Es ist völlig unmöglich, daß noch einmal Figuren von solchem Wert einem Angehörigen der Universität zur privaten Bearbeitung ausgeliehen werden. Dies haben wir aus dieser Geschichte gelernt.“

Warum die Erben auf den sehr bescheidenen Vergleichsvorschlag der Universität eingegangen sind, ergibt sich aus den Akten nicht. Auch Richard Dewes kann sich, obwohl er ja mit den Erben verhandelt hat, daran nicht erinnern. Er vermutet heute als Hypothese: „Die Erben wollten vielleicht den wissenschaftlichen Nachruhm Rieks nicht in Misskredit bringen.“ Außerdem sieht er darin das „Ergebnis des guten Verhandlungsgeschicks insbesondere von Präsident Theis.“ Die auf rätselhafte Weise verschwundene Akte, die auch in anderen Schriftstücken erwähnt wird, hätte vielleicht näheren Aufschluss geben können. Aber auch die Protokolle der Dienstbesprechungen des Präsidiums helfen nicht weiter. Zwar stand am 31.05.1978 „TOP 4 Vogelherdfiguren – Stand der Auseinandersetzung“ zur Verhandlung, ausgerechnet zu dieser Sitzung findet sich im Archiv nur die Tagesordnung, nicht aber das Protokoll. Altkanzler Georg Sandberger, der erst ein knappes Jahr später sein Amt übernahm und dann auch vielfach mit den VF befasst war, als diese aber schon im Gewahrsam der Universität waren, meint heute dazu: “Das ist ja wie ein Krimi!“ Wer Universitätspräsident Theis und sein Wirken besser gekannt hat, kann sich leicht vorstellen, dass dieser hier mit besonderem Geschick einen echten Coup gelandet hat. Aber das bleibt Spekulation.

Am 18.12.1978 gibt es eine erste Präsentation der VF für die Medienvertreter im Rahmen einer Pressekonferenz. Die Plastiken werden in einer Glasvitrine im Verwaltungsgebäude, der Alten Botanik, gezeigt.

Wem gehören die Figuren?

Schon im September 1977 hatte die Universität beim Landesdenkmalamt die Eintragung der VF ins Denkmalbuch beantragt, wohl um dadurch zu erreichen, dass die VF dem Einfluss der Erben entzogen werden. Im Zusammenhang mit der Eintragung der VF in das Denkmalbuch kam es 1979/80 offenbar zu einer Kontroverse über die Eigentumsverhältnisse zwischen Landesmuseum und Universität. Das Wissenschaftsministerium verlangt im Januar 1979, dass ein Rechtsgutachten von einem Mitglied der Juristischen Fakultät erstellt werden solle. Als dieses nach einem Jahr immer noch nicht vorlag, kam es zu einem Gespräch mit dem Leitenden Ministerialrat Dr. Kern im Wissenschaftsministerium. Die dort erzielte Einigung fasst Universitätspräsident Theis in einem Schreiben vom 20.02.1980 an das Ministerium zusammen: „Von einer Klärung der rechtlich schwierigen Eigentumsfrage wird abgesehen. Die Universität Tübingen ist damit einverstanden, daß das Land Baden-Württemberg als Eigentümer in das Denkmalbuch eingetragen wird. Die Vogelherdfiguren werden der Universität Tübingen für Forschung und Lehre gewidmet und haben ihren Standort in Tübingen. Die Universität erklärt sich bereit, dem Württembergischen Landesmuseum die Vogelherdfiguren für Ausstellungen zur Verfügung zu stellen.“ Die entsprechende Eintragung ins Denkmalbuch erfolgte am 18.06.1980: „Ortsbestimmung: Eberhard-Karls-Universität Tübingen. Eigentümer: Land Baden-Württemberg.“ 1984 spricht Müller-Beck den vielzitierten salomonischen Satz aus: „Diese Stücke sind Landeseigentum, und zwar seit Jahrtausenden.“

Wie und wann werden die Funde der Öffentlichkeit zugänglich gemacht?

Schon gleich nach der Übergabe der Figuren an die Universität wird geplant, diese in einer Panzerglasvitrine im sogenannten Bonatzbau der Universitätsbibliothek der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ein Schreiben von Müller-Beck vom 26.07.79 an den Universitätspräsidenten berichtet von einem Angebot einer Firma in Höhe von 17.447 DM für diese Vitrine und dass das Universitätsbauamt mit Einbaukosten von 6.000 DM rechnet. Mehr als ein Jahr später ist aus einem Aktenvermerk zu erfahren, dass weder Haushaltsmittel noch Baumittel für die geplante Unterbringung der VF zur Verfügung stünden. Hierüber sei Müller-Beck telefonisch zu unterrichten. Hintergrund ist eine für die Universität Tübingen typische Streitigkeit: Es geht eigentlich um eine Baumaßnahme, die aus dem Bauetat finanziert werden müsste, also aus Mitteln des Finanz- und nicht des Wissenschaftsministeriums. Diese wechselseitige Blockade zwischen Haushaltsetat und Bauetat hat über die Jahrzehnte viele Projekte der Universität verzögert. Das bestätigt auch heute noch Altkanzler Georg Sandberger. Am 26.03.1981 teilt die Oberfinanzdirektion Stuttgart mit, dass die für die Finanzierung der Vitrine eingeplanten Haushaltsmittel von 30-35.000 DM nicht verwendet werden dürften. Nun soll geprüft werden, ob eine Finanzierung aus den Spendenmitteln des Universitätsbundes möglich sei. Aber auch daraus wird nichts, denn jetzt hakt die Presse nach: Am 17.03.1981 schreibt Wulf Reimer einen TagblattArtikel mit der Überschrift: „Das teuerste Pferd der Welt ist noch immer im Uni-Tresor eingeschlossen“. Berichtet wird in dem Artikel, dass es noch nicht gelungen sei, die geplante Vitrine in der Universitätsbibliothek zu finanzieren. Eine neue „sparsame“ Idee bringt Müller-Beck ins Spiel, wie ein Aktenvermerk vom 31.07.1981 erzählt: „dass u.U. aus Panzerglasresten des Neubaus der Schalterhalle in der Balinger Volksbank die Vitrine für die Vogelherdfiguren gefertigt werden könne.“

Doch es dauert noch bis zum 21.02.1984, bis die Öffentlichkeit die Figuren zu Gesicht bekommt. Die Präsentation wurde letztlich ermöglicht über eine Spende des Hamburger Kaufmanns, Papierhändlers und leidenschaftlichen Elfenbeinsammlers in Form von Schiffsmodellen: Herbert Bernhardt, der bei der Eröffnung auch zugegen war. Die Rede ist von einer Spende in Höhe von 10.000 DM, die offenbar den gordischen Finanzierungsknoten gelöst hat.

Das Ereignis findet ein hohes Medienecho. Michael Diestel schreibt unter dem Titel „Ende einer langen Irrfahrt“ für die Stuttgarter Zeitung: „…ihre letzten 50 Jahre in Tübingen [gemeint sind die VF, Anm. der Autoren] verliefen dagegen mehr als unrühmlich: Versteckt in Banktresoren, nach dem Krieg auch mal einige Jahre in einer Schreibtischschublade des Urgeschichtlichen Instituts, blieben sie der Menschheit bislang verborgen.“ Die Stücke waren im Bonatz-Bau Montag bis Freitag, 08:00 bis 18:00h und Samstag, 09:00 bis 12:00h für die Öffentlichkeit zu sehen. Die Bedeutung der VF wurde mittels der Unterbringung in der Vitrine im Altbau der Universitätsbibliothek in keiner Weise vermittelt, niemand begab sich mit Absicht dorthin, weil entsprechende Informationen fehlten. Die Begegnung mit den VF erfolgte für den Großteil des Publikums wohl eher zufällig.

Dies änderte sich 1997. In diesem Jahr wurde das Museum Schloß Hohentübingen eröffnet. Alle Abteilungen der archäologischen Forschung und der Ethnologie stellen dort Fundstücke als Lehrmaterial für Studierende in einer Lehr- und Schausammlung aus, die gleichzeitig der Öffentlichkeit als Museum zugänglich ist. Die VF fanden zunächst im 1. Stock im Treppenaufgang ihren Platz (Abb. 9). Die Vitrinen waren Alarm-gesichert. Diese Ausstellungsart wurde ihrer Bedeutung unserer Ansicht nach keineswegs gerecht.

Im Jahr 2009 eröffnete in Stuttgart die Große Landesausstellung Baden-Württemberg „Eiszeit – Kunst und Kultur“. Die Figuren waren alle dort ausgestellt und die Besucher*innen waren davon begeistert (eine Auflistung aller Ausstellungsorte die wir recherchieren konnten, findet sich im Anhang 2 [online]). Zudem hatten Funde aus Grabungen unter der Leitung N. Conards wie das Mammut vom Vogelherd und die Frauenfigur vom Hohle Fels (Conard 2009) für weltweites Aufsehen gesorgt. Die Bedeutung der bisher ältesten geschnitzten Kunstwerke der Welt war an der Universität Tübingen klar erkannt worden und sollte weiter gefördert werden. Die VF sollten deshalb im Museum Alte Kulturen einen passenden Platz finden. Vorab mussten die Figuren jedoch gereinigt und gesichert werden.

Sicherung der Figuren

Von Maßnahmen zur Reinigung und Festigung der Figuren vor 2010 liegen unseres Wissens keine Dokumentationen vor. Im letzten Quartal 2010 bis März 2011 wurden die Figuren gereinigt und gefestigt. Die Oberfläche aller Figuren zeigte noch Reste von anhaftendem Sediment aus der Vogelherd-Höhle. Zudem waren von vorhergehenden Behandlungen Reste von Plastilin und Silikon auf den Stücken vorhanden, die entfernt wurden. Zur Reinigung wurden Wasser und Ethylalkohol im Verhältnis 10:1 genutzt, darüber hinaus Ethylacetat. Für Klebungen wurde Paraloid B 72 genutzt. Um Risse zu festigen, wurden mikrokristallines Wachs und Paraffin genutzt, die reversibel sind. Feine Haarrisse auf den Oberflächen wurden gefestigt und damit gesichert. Nach den Maßnahmen 2011 liegen die Stücke gereinigt vor. Der Unterschied zwischen den beiden Zuständen vor und nach der Reinigung ist deutlich sichtbar. Vorher waren die Markierungen dunkel und mit Sediment zugesetzt. Nach der Reinigung sind die Werkzeugspuren gestochen scharf erkennbar und die Markierungen klar und vollständig sichtbar. Am deutlichsten wird dies bei dem Mammut (Inv.-Nr. 31/1B). Die Maulpartie ist tief eingeschnitten und perfekt ausgearbeitet. Die Tierdarstellung hat durch die Reinigung extrem an Tiefe gewonnen. Die detaillierte Ausarbeitung der Stücke tritt nun sichtbar hervor.

Präsentation der Vogelherd-Figuren im Museum Alte Kulturen
Abb. 9: Präsentation der Vogelherd-Figuren im Museum Alte Kulturen Schloss Hohentübingen 1997-2012 (Foto: MUT Tübingen).

Die Figuren heute

Heute sind die VF im Museum Alte Kulturen Schloss Hohentübingen ausgestellt. Im Jahr 2013 wurde eigens der erste Raum nach dem Treppenaufgang als Schatzkammer inszeniert, um dort in 16 Vitrinen originale Funde aus der Vogelherd-Höhle zu präsentieren (Abb. 10). Das Ausstellungskonzept sieht vor, dass ausschließlich originale Funde präsentiert werden. Den Auftrag dafür hatte das Büro von Jacobs Ausstellungsgestaltung – Innenarchitektur aus Stuttgart. Zusätzlich zu den Figuren von 1931, die dauerhaft an der Universität Tübingen verbleiben, werden Fragmente figürlicher Kunstwerke und Flötenbruchstücke aus den Nachgrabungen am Vogelherd in diesem Raum ausgestellt. Diese Stücke werden vom Archäologischen Landesmuseum Baden-Württemberg leihweise für die Dauerausstellung zur Verfügung gestellt. Die Leihvorgänge verwaltet das Museum der Universität Tübingen (MUT). Die Mammutfigur und die Löwenfigur aus dem Jahr 2006 sind im Original im Archäopark Vogelherd Niederstotzingen ausgestellt.

wolf_abb10
Abb. 10: Präsentation der Vogelherd-Figuren im Museum Alte Kulturen Schloss Hohentübingen seit 2013 (Foto: MUT Tübingen).

Hansjürgen Müller-Beck fasste die hier beschriebenen Vorgänge zu den VF 2013 wie folgt zusammen: „Lediglich die geplante Detailbearbeitung der Figurenfunde aus dem Vogelherd konnte er neben allen diesen übrigen Arbeiten nicht mehr beenden. Deren Originale lagen nicht im Arbeitsbereich von Gustav Riek, sondern in einem Fach im Dienstschreibtisch des Direktors des Gesamtinstituts, zunächst Prof. Kurt Bittel (1907 – 1991) und später Prof. Wolfgang Kimmig (1910 2001). Sie befanden sich in einer nur wenig stabilen, einfachen Geldkasette mit Klappdeckel und wurden relativ selten (und meist eher unter der Hand und unter Ausschluss der Öffentlichkeit) im Original gezeigt. Dafür konnten aber über das Institut hochwertige Repliken erworben werden, die von der dortigen Präparatorin mit sorgfältig gefertigten Metallformen der WMWF gegossen und originalgetreu bemalt wurden. Es kam aber auch immer wieder zu Vorlagen der Figuren ausserhalb des Instituts mit bereits erhöhtem Sicherheitsrisiko beim Transport in der einfachen alten Auewahrungskassette. Sie waren als Besitz der Sammlung des UFI schon nach Abschluss der Grabung katalogisiert worden und wurden nach Siegwald Schiek (1924 – 1993) angeblich in den dreissiger Jahren im Reichsdenkmalbuch mit einem Wert von einer Million Mark eingetragen. Ein Betrag, der heute umgerechnet etwa zwischen fünf und zehn Millionen Euro liegen dürfte. Dennoch blieb wegen der im Fundjahr durchaus nicht eindeutigen Rechtslage unklar, wo die Figuren auf Dauer bleiben und ob sie überhaupt bzw. wo ausgestellt werden sollten. Genauso unsicher war ohne gerichtliche Überprüfung, wer darüber zu entscheiden hätte. Und offen blieb zudem, ob die nach BGB geregelten Fundrechte bei eventuellen Besitzänderungen zu irgendwelchen Entschädigungen an den Grundeigentümer (der damaligen Gemeinde Stetten) und den formal zudem schwer zu definierenden „Finder“ als Person(en) oder Institution führen müssten. Die Breite der sich ergebenden Diskussionen unter den mehr oder weniger sich zuständig fühlenden Personen erreichte groteske Dimensionen. Für Riek selbst war auf mein Befragen nach seiner Emeritierung 1969 eindeutig klar, dass die elf in der von ihm geleiteten Grabung geborgenen Elfenbeinschnitzereien aus den Aurignacian-Schichten ,,Eigentum des Schwäbischen Volkes“ (sic!) seien. Klar aber war der Anspruch des wissenschaftlichen Grabungsleiters auf das Publikationsrecht seiner Funde, die ihm auch nach seiner Emeritierung als Ordinarius blieben. Ganz folgerichtig liess er sich trotz und wohl auch wegen der genannten Unklarheiten den ganzen Figurenbestand auf Leihschein vom damaligen Direktor des Instituts für Vor und Frühgeschichte, Prof. Wolfgang Kimmig, als zu bearbeitendes Inventar, wie auch sonst in der Archäologie/Urgeschichte üblich, übergeben. Allerdings bewahrte Riek die Figuren mit ihrem jedenfalls hohen, in Geldbeträgen nicht darstellbaren Wert nicht auf Dauer daheim auf, sondern zunächst in einem Safe einer Tübinger Bank. Als dort das Raumklima unstabil wurde, transferierte er sie in eine Bank auf der Schwäbischen Alb. Dabei bestand die Sicherheitsauflage, dass der Zugriff des Bearbeiters auf die Figuren im Tresorraum nur in Anwesenheit des jeweiligen Direktors möglich war. Auch der Schreibende als Leiter des neuen, seit 1970 bestehenden Instituts für Urgeschichte, war nach Teilung der Sammlungen über diesen jeweiligen Verbleib informiert. Es war daher relativ leicht, sich trotz der nachträglich nicht mehr veränderbaren Rechtslage von 1931 nach dem Tod von Gustav Riek in Übereinkunft mit seinen Erben über die Rückgabe der Figuren in den Besitz und die Verantwortung der Universität Tübingen, deren Forschung sie zu verdanken ist, zu einigen. Die Figuren sind damit aber auch zugleich als Besitz der Korporation Universität eindeutig unstrittiges Eigentum des Landes. Dies auch ganz nach der modernen Rechtsauffassung der UNO über den Verbleib von Kulturgütern. Sie sind letztendlich Eigentum der das Land Baden-Württemberg durch sein gewähltes Parlament regierenden Bürger.“ (Müller-Beck 2013, 160-161).

Kurz-Chronologie des Weges der Figuren

  • Nach der Ausgrabung 1931: Sicherung im Tresor des Kassenamtes der Universität. Unterbringung dort bis 1951.
  • Kurzzeitig im Ausschnitt der Rektoratssekretärin, als das Rektoramt 1945 von den Franzosen besetzt wurde. (Legende?)
  • Ab 1951 in Metallkassette im Schreibtisch des Institutsdirektors Wolfgang Kimmig
  • 11.12.1956 Riek übernimmt die VF von Kimmig und bringt sie in einen Banksafe nach Münsingen
  • Für eine kurze Zeit sind sie im Landesmuseum in Stuttgart, wohin Riek sie gebracht hat, um sie zu verkaufen. Später Verlagerung in einem Banksafe in Reutlingen.
  • 1968 kurzzeitig im Institut ausgestellt anlässlich der Emeritierungsfeier von Riek (Quelle: Aktenvermerk vom 13.12.1978, angefertigt von den Professoren Kimmig und Fischer für eine Pressekonferenz des Universitätspräsidenten)
  • 29.11.1978 Übergabe der Figuren durch die Familie Riek an die Universität. Präsentation in einer Pressekonferenz am 18.12.1978
  • Aufbewahrung zunächst im Institut für Urgeschichte, dann ab Ende Juli 1979 im Haupttresor der Kreissparkasse Tübingen, später dann wohl Verlegung in den Tresor der Universitätskasse, in dem auch der „Silberschatz“ der Universität und das Original der Amtskette des Rektors aufbewahrt werden
  • 21.2.1984 Eröffnung der Schauvitrine im Bonatz-Bau der Universitätsbibliothek
  • 1997 Schloßmuseum Universität Tübingen, im Treppenaufgang im 1. Obergeschoss
  • 2013 eigener Raum im Museum für Alte Kulturen Schloss Hohentübingen

Bedeutung der Vogelherd-Figuren

Die Vogelherd-Höhle wurde gemeinsam mit fünf weiteren Höhlenfundstellen im Ach- und im Lonetal auf der Schwäbischen Alb am 09.07.2017 zum UNESCO-Welterbe erklärt. Hier sind die Authentizität (historische Echtheit) und die Integrität (Unversehrtheit) nachgewiesen und die Kriterien der UNESCO somit erfüllt worden (https://www.unesco.de/kultur-und-natur/welterbe/welterbe-deutschland/hoehlen-und-eiszeitkunst-der-schwaebischen-alb; zuletzt aufgerufen am 01.10.2021). Die Fundstellen Bockstein, Hohlenstein-Stadel und Vogelherd im Lonetal sowie Geißenklösterle, Sirgenstein und Hohle Fels im Achtal lieferten urgeschichtliche Funde, anhand derer wir die Lebensumstände im Aurignacien vor 42.000 bis 34.000 Jahren vor heute nachvollziehen können, als Mitteleuropa vom Homo sapiens besiedelt wurde (eine Zusammenfassung in Conard und Kind 2017). Zu den materiellen Hinterlassenschaften zählen die aus Elfenbein geschnitzten Kunstwerke (z.B. Riek 1934a; Hahn 1986; Conard 2009; Dukiewicz 2021) und die ersten bekannten Musikinstrumente weltweit (z.B. Conard et al. 2004; Münzel et al. 2016). Diese Funde sind bislang einzigartig in der Region Schwäbische Alb in dieser Zeit. Das ist einer der Gründe, weswegen diese Epoche als Schwäbisches Aurignacien bezeichnet wird, mit eigenen Charakteristika wie figürlichen Kunstwerken. Die Figurinen aus dem Vogelherd stellen den größten Anteil an dieser Fundgattung. Aufgrund der Diversität und der Ausdruckskraft der Darstellungen dienen sie als Belege für die eiszeitliche Tierwelt und besitzen gleichzeitig die Strahlkraft als Objekte, die am Beginn der menschlichen Kunstgeschichte stehen. Diese mobilen Artefakte zählen zum Welterbe und sind charakteristisch für diese frühe Epoche der Menschheit. Alle Dinge, die wir heute als modern und einzigartig für den Homo sapiens deklarieren, sei es bildende Kunst, Gravierungen, Musik, die Herstellung und Nutzung von Schmuck oder der Beginn von Glaubensvorstellungen, sind auf der Schwäbischen Alb in der Breite erstmals belegt. In diesen Rahmen gehören die Figuren aus der Vogelherd-Höhle, die so perfekt die eiszeitliche Tierwelt nachzeichnen. Die Anerkennung als exzellente Kunstwerke wurde den Stücken schon direkt nach ihrer Auffindung zuteil. Die Anerkennung als Erbe der gesamten Menschheit erfolgte 86 Jahre später.

Fazit

Die Figuren aus dem Vogelherd haben nach ihrer Auffindung 1931 einen häufigen Wechsel ihres Aufbewahrungsortes erfahren, bevor sie im Museum Alte Kulturen Schloss Hohentübingen einen dauerhaften Ausstellungsort gefunden haben. Die Darstellungen altsteinzeitlicher Tiere haben ihren Ausgräber weltberühmt gemacht. Die Anerkennung seiner Leistung als Ausgräber dieser Figurinen war ein Argument, um Riek trotz seiner Nazi-Vergangenheit im Sommer Semester 1956 die Venia Legendi wieder zu verleihen. Heute zählen die Figuren zum UNESCO-Welterbe Höhlen und Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb und begeistern nach wie vor ihre Betrachter*innen.

Fußnoten

  1. Riek hat zwei Fragmente einer großen Mammutfigur als zwei separate Figuren gezählt; diese gehören wahrscheinlich aber zu nur einer einzigen Figur, so dass im vorliegenden Beitrag nur zehn Figurinen abgebildet sind und auch nur zehn Stücke in Tabelle 1 erscheinen. nach oben
  2. S. Fußnote 1. nach oben
  3. S. Fußnote 1. nach oben

Literatur

Adam, K. D. und Geyh, M. A. 2005: Zur Altersstellung der Homo-Funde aus der Vogelherd-Höhle bei Stetten ob Lontal (Schwäbische Alb). Jahreshefte der Gesellschaft für Naturkunde in Württemberg 161, 5–43.

Bittel, K. 1930: Eine neue paläolithische Station in Heidenheim a. d. Brenz, Württemberg. (Vorläufiger Bericht.) Germania 14, 225–227.

Bolus, M. und Conard, N. J. 2006: Zur Zeitstellung von Geschossspitzen aus organischen Materialien im späten Mittelpaläolithikum und Aurignacien. Archäologisches Korrespondenzblatt 36, 1–15.

Burkert, W. 1991: Stratigraphie und Rohmaterialnutzung im Vogelherd. Unpublizierte Magisterarbeit, Universität Tübingen.

Conard, N. J. 2009: A Female Figurine from the Basal Aurignacian of Hohle Fels Cave in Southwestern Germany. Nature 459, 248–252.

Conard, N. J. und Bolus, M. 2008: Radiocarbon Dating the Late Middle Paleolithic and the Aurignacian of the Swabian Jura. Journal of Human Evolution 55, 886–897.

Conard, N. J. und Kind, C.-J. 2017: Als der Mensch die Kunst erfand. Eiszeithöhlen der Schwäbischen Alb. Stuttgart: wbg Theiss.

Conard, N. J. und Seidl, E. (Hrsg.) 2008: Das Mammut vom Vogelherd. Tübinger Funde der ältesten erhaltenen Kunstwerke. Tübingen: MUT.

Conard, N. J. und Zeidi, M. 2014: Ausgrabungen in der Fetzershaldenhöhle und der Lindenhöhle im Lonetal sowie neue Funde aus dem Vogelherd. Archäologische Ausgrabungen in Baden- Württemberg 2013, 63–67.

Conard, N. J., Niven, L. B., Mueller, K. und Stuart, A. J. 2003: The Chronostratigraphy of the Upper Paleolithic Deposits at Vogelherd. Mitteilungen der Gesellschaft für Urgeschichte 12, 73–86.

Conard, N. J., Malina, M., Münzel, S. C. und Seeberger, F. 2004: Eine Mammutelfenbeinflöte aus dem Aurignacien des Geißenklösterle. Neue Belege für eine musikalische Tradition im frühen Jungpaläolithikum auf der Schwäbischen Alb. Archäologisches Korrespondenzblatt 34, 447–462.

Conard, N. J., Lingnau, M. und Malina, M. 2007: Einmalige Funde durch die Nachgrabung am Vogelherd bei Niederstotzingen-Stetten ob Lonetal, Kreis Heidenheim. Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 2006, 20–24.

Conard, N. J., Zeidi, M. und Bega, J. 2013: Die letzte Kampagne der Nachgrabungen am Vogelherd. Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 2012, 84–88.

Conard, N. J., Zeidi, M. und Janas, A. 2016: Abschließender Bericht über die Nachgrabung am Vogelherd und die Sondage in der Wolftalhöhle. Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg 2015, 66–72.

Dutkiewicz, E. 2015: The Vogelherd Cave and the Discovery of the Earliest Art – History, Critics and New Questions. In: N. Sanz (Hrsg.), Human Origin Sites and the World Heritage Convention in Eurasia, Bd. 2. UNESCO World Heritage Papers 41, 74–91.

Dutkiewicz, E. 2021: Zeichen. Markierungen, Muster und Symbole im Schwäbischen Aurignacien. Tübingen: Kerns Verlag.

Dutkiewicz, E., Wolf, S., Floss, H. und Conard, N. J. 2018: Les objets en ivoire du Jura souabe. L’Anthropologie 122, 447–468.

Floss, H. und Rouquerol, N. (Hrsg.) 2007: Les chemins de l‘art aurignacien en Europe/Das Aurignacien und die Anfänge der Kunst in Europa. Colloque international/Internationale Fachtagung, Aurignac 2005. Aurignac: Musée-forum d‘Aurignac.

Frick, J. A. 2020: Reflections on the Term Micoquian in Western and Central Europe. Change in Criteria, Changed Deductions, Change in Meaning, and Its Significance for Current Research. Archaeological and Anthropological Sciences 12 (2): 38.

Frick, J. A., Herkert, K., Hoyer, C. T. und Floss, H. 2017: Reflection on the Research Historical Discourse of Keilmesser with Tranchet Blow from the European Late Middle-Paleolithic. Quartär 64, 73-93.

Gress, W. 1950: Die Heidenschmiede – Naturfreundearbeit im Dienste der Wissenschaft. Aufstieg 18(5), 302–304.

Gut, A. und Strobel, M. 1996: Neue Erkenntnisse aus einer alten Ausgrabung. Die Untersuchungen des Biberacher Zahnarztes Heinrich Forschner in Aichbühl (Kreis Biberach). Heimatkundliche Blätter für den Kreis Biberach 19(1), 57–72.

Hahn, J. 1986: Kraft und Aggression. Die Botschaft der Eiszeitkunst im Aurignacien Süddeutschlands? Tübingen: Verlag Archaeologica Venatoria.

Halle, U. und Schmidt, M. 1999: „Es handelt sich nicht um Affinitäten von Archäologen zum Nationalsozialismus – das ist der Nationalsozialismus“. Bericht über die internationale Tagung „Die mittel- und osteuropäische Ur- und Frühgeschichtsforschung in den Jahren 1933-1945“. Berlin 19.-23. November 1998. Archäologische Informationen 22/1, 41–52.

Häck, B. und Knolle, F. 2007: Prof. Dr. Gustav Riek im Spiegel aktueller Diskussionen. Mitteilungen des Verbandes Deutscher Höhlen-und Karstforscher 53, 15.

Kitagawa, K. und Conard, N. J. 2020: Split-Based Points from the Swabian Jura Highlight Aurignacian Regional Signatures. PLoS ONE 15(11): e0239865.

Klee, E. 2003: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Frankfurt am Main: Fischer.

Langsdorff, A. und Schleif, H. 1936: Die Ausgrabungen der Schutzstaffeln. Germanien – Monatsschrift für Germanenkunde zur Erkenntnis deutschen Wesens 1936(12), 361–399.

Müller, K. 1950: Die Naturkundliche Arbeitsgemeinschaft der Heidenheimer Naturfreunde. Aufstieg 18(5), 300-301.

Müller-Beck, H. 1976: J. Gustav Riek. 23.5.1900 – 1.11.1976. Archäologische Informationen 4, 209.

Müller-Beck, H. 2010: Lon(e)talforschung 1931 bis 1941. Mitteilungen der Gesellschaft für Urgeschichte 19, 131–155.

Müller-Beck, H. 2013: Ein schwäbischer Urgeschichtler und sein Reichsführer: Professor Dr. Gustav Riek. In: W. Proske (Hrsg.), Täter – Helfer – Trittbrettfahrer. Band 2: NS-Belastete aus der Region Ulm/Neu-Ulm. Münster/Ulm: Klemm + Oelschläger, 163–169.

Müller-Beck, H., Conard, N. J. und Schürle, W. (Hrsg.) 2001: Eiszeitkunst im Süddeutsch-Schweizerischen Jura. Anfänge der Kunst. Stuttgart: Konrad Theiss Verlag.

Münzel, S. C., Conard, N. J., Hein, W., Gill, F. und Potengowski, A. F. 2016: Interpreting Three Upper Palaeolithic Wind Instruments from Germany and One from France as Flutes. (Re)construction, Playing Techniques and Sonic Results.

In: R. Eichmann, L. C. Koch und F. Jianjun (Hrsg.), Studien zur Musikarchäologie X. Klang – Objekt – Kultur – Geschichte. Vorträge des 9. Symposiums der Internationalen Studiengruppe Musikarchäologie im Ethnologischen Museum der Staatlichen Museen zu Berlin, 9.–12. September 2014. Rahden/Westf.: Verlag Marie Leidorf, 225–243.

Naturfreunde-Heidenheim 1911-1933: Bericht über das Sammeln von Versteinerungen und Mineralien und die Erforschung der Höhlen und Siedlungen. Chronik des Touristenvereins Die Naturfreunde Ortsgruppe Heidenheim 1.

Naturfreunde-Heidenheim 1950: Bau Naturfreundehaus am Hahnenschnabel – Berichte bei der Hauseinweihung 1950. Chronik des Touristenvereins Die Naturfreunde Ortsgruppe Heidenheim 3.

Niven, L. 2006: The Palaeolithic Occupation of Vogelherd Cave. Implications for the Subsistence Behavior of Late Neanderthals and Early Modern Humans. Tübingen: Kerns Verlag.

Peters, E. 1931: Die Heidenschmiede in Heidenheim a. d. Br. Eine Studie über das Altpaläolithikum in Württemberg. Fundberichte aus Schwaben N.F. 6. Stuttgart: E. Schweizerbart‘sche Verlagsbuchhandlung.

Riek, G. 1931: Die paläolithische Station am Vogelherd bei Stetten ob Lontal. Blätter des Schwäbischen Albvereins 43(10), 268–272.

Riek, G. 1932: Paläolithische Station mit Tierplastiken und menschlichen Skelettresten bei Stetten ob Lontal. Germania 16, 1–8.

Riek, G. 1933: Les Civilisations paléolithiques du Vogelherd, près de Stetten-ob-Lonetal (Wurtemberg). Préhistoire 2, 149–181.

Riek, G. 1934a: Die Eiszeitjägerstation am Vogelherd im Lonetal I: Die Kulturen. Tübingen: Akademische Buchhandlung Franz F. Heine.

Riek, G. 1934b: Die Mammutjäger vom Lonetal. Mit 26 Zeichnungen von Willy Planck und Zeichnungen nach Funden des Verfassers. Stuttgart: Thienemann.

Riek, G. 1935: Kulturbilder aus der Altsteinzeit Württembergs. Vorgeschichte von Württemberg. Bd. 1. Tübingen: Akademische Buchhandlung Franz F. Heine.

Riek, G. 1960: Das Paläolithikum der Höhlen des Lone- und Brenztales. Jahreshefte für Karst- und Höhlenkunde 1, 57–104.

Riek, G. und Hundt, H. J. 1962: Der Hohmichele. Ein Fürstengrabhügel der späten Hallstattzeit bei der Heuneburg. Heuneburgstudien 1. Römisch-Germanische Forschungen 25. Berlin: Walter de Gruyter & Co.

Schöbel, G. 2007: Hans Reinerth: From Archaeologist to Reichsamtsleiter (1918-1945). In: J.-P. Legendre, L. Olivier und B. Schnitzler (Hrsg.), L‘archéologie nationale-socialiste dans les pays occupés à l‘ouest du Reich: Actes de la table ronde internationale „Blut und Boden“ tenue à Lyon (Rhône) dans le cadre du Xe congrès de la European Association of Archaeologists. Gollion: Infolio Éditions, 45–59.

Schöbel, G. 2010: Geschichte aus dem Papierkorb – zu einem ungewöhnlichen Bilderfund. Plattform 17/18, 2008/09 (2010) 60–86.

Schöbel, G. 2011: Von der Steinzeitsiedlung zum Fürstengrabhügel – Herausragende archäologische Forschungen der 1920er und 1930er Jahre am Federsee und an der Heuneburg in Südwestdeutschland. In: E. Schallmeyer und K. von Kurzynski (Hrsg.), Archäologie und Politik. Archäologische Ausgrabungen der 30er und 40er Jahre des 20. Jahrhunderts im zeitgeschichtlichen Kontext. Fundberichte aus Hessen, Beiheft 7. Wiesbaden: Selbstverlag des Landesamtes für Denkmalpflege Hessen, 75–120.

Schöbel, G. 2012: Wer MACHT Geschichte? Katalog einer studentischen Ausstellung zur Sammlung des Institutes für Ur- und Frühgeschichte der Universität Tübingen 1890 – 2012. G. Schöbel (Hrsg.), Pfahlbaumuseum Unteruhldingen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Ur- und Frühgeschichte und Studierenden des Seminars WS 2008/09 bis WS 2011/12. Schriftenreihe des Pfahlbaumuseums Unteruhldingen 8. Unteruhldingen und Tübingen.

Schürch, B. in Vorb.: Die aurignacienzeitlichen Steinartefakte aus dem Vogelherd. Dissertation Universität Tübingen.

Strobel, M. 1999: Lebendige und völkische Vorzeit. Ein Beitrag zur Geschichte der prähistorischen Archäologie in Württemberg zwischen 1918 und 1945. In: C. Kümmel, N. Müller-Scheeßel und A. Schülke (Hrsg.), Archäologie als Kunst. Darstellung – Wirkung – Kommunikation. Tübingen: Mo Vince Verlag, 64–117.

Strobel, M. 2003: Hans Reinerth und Gustav Riek – Modernitätsflüchtlinge in einer ungewissen Wissenschaft. Arbeitsund Forschungsberichte zur Sächsischen Bodendenkmalpflege 45, 443–461.

Strobel, M. 2010: Das Urgeschichtliche Institut der Universität Tübingen zwischen 1933 und 1945. In: U. Wiesing, K.R. Brintzinger, B. Grün, H. Junginger und S. Michl (Hrsg.), Die Universität Tübingen im Nationalsozialismus. Stuttgart: Franz Steiner Verlag, 321–349.

Stutz, U. 1935: Germanistische Chronik. Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte: Germanistische Abteilung 55(1), 533–536.

Veit, U. 2006: Notizen aus der Provinz: Zu den Anfängen ur- und frühgeschichtlicher Forschung an der Universität Tübingen. In: J. Callmer, M. Meyer, R. Struwe und C. Theune (Hrsg.), Die Anfänge der ur- und frühgeschichtlichen Archäologie als akademisches Fach (1890-1930) im europäischen Vergleich. Internationale Tagung an der Humboldt-Universität zu Berlin vom 13.-16. März 2003. Berliner Archäologische Forschungen 2. Rahden/Westf.: Verlag Marie Leidorf, 95–116.

Wagner, E. 1977: Johannes Gustav Riek 1900-1976. Karst und Höhle 1977, 92–94.

Wagner, E. 1981: Eine Löwenkopfplastik aus Elfenbein von der Vogelherdhöhle. Fundberichte aus Baden-Württemberg 6, 29–58.

Waringo, R. 1999: Die ‘Aleburg’ bei Befort in Luxemburg. In: A. Jockenhövel (Hrsg.), Ältereisenzeitliches Befestigungswesen zwischen Maas/Mosel und Elbe. Internationales Kolloquium am 8. November 1997 in Münster anlässlich des hundertjährigen Bestehens der Altertumskommission für Westfalen. Veröffentlichungen der Altertumskommission im Provinzialinstitut für Westfälische Landes- und Volksforschung 11. Münster: Aschendorff Verlag, 49–68.

Wolf, S. 2015: Schmuckstücke. Die Elfenbeinbearbeitung im Schwäbischen Aurignacien. Tübingen: Kerns Verlag.

Ergänzendes Online-Material

(abrufbar unter: mgfuopenaccess.org)

Anhang 1: Detaillierter tabellarischer Lebenslauf Gustav Riek.

Anhang 2: Ausstellungen der Vogelherd-Figurinen. Nicht aufgeführt sind die Dauerausstellungen auf Schloss Hohentübingen.